Ich liebe Herausforderungen, hohe Ansprüche
Oder: Wie aus einem schlimmen Buben ein entspannter Kreativer wurde.
Michael Holzer im Gespräch mit der Texterin Christine Wurm.
Oder: Wie aus einem schlimmen Buben ein entspannter Kreativer wurde.
Michael Holzer im Gespräch mit der Texterin Christine Wurm.
Find ich gut.
Ich wusste eigentlich nicht, wo es hin gehen sollte, hatte aber einen starken Freiheitsdrang, wollte auf eigenen Beinen stehen. Meine Eltern haben sich früh getrennt, meine Mutter hatte mit mir ziemlich zu kämpfen, weil ich ein ganz schlimmes Kind war. Ich hab mich immer eingesperrt gefühlt, die Schule war einfach nichts für mich.
In dem Beruf habe ich aber nicht lange gearbeitet, nebenbei habe ich als Vertreter Versicherungen und Heizungen verkauft. So richtig von Tür zu Tür. Da habe ich einiges über gute und schlechte Dialoge und Verkaufsgespräche gelernt. Der halbe zweite Bezirk hat mir Dachantennen abgekauft.
Mit 21 bin ich zu McDonalds und mit 22 war ich der damals jüngste Storemanager in Österreich. Dort war ich das erste Mal mit Corporate Culture, Corporate Design und strukturierten Prozessabläufen konfrontiert. Eine sehr lehrreiche Zeit, aber auch ein Beziehungskiller, weil ich oft nachts gearbeitet habe.
Ja, weil ich immer so gern Musik gehört habe, habe ich in einem Laden für Unterhaltungselektronik als Verkäufer angefangen. Dort habe ich gleich einmal die Hi-Fi-Abteilung ausgebaut, den Import von ausgefallenen Lautsprechern aus England initiiert und mich um den Einkauf wie um neue Vorführtechniken gekümmert. Am wichtigsten war mir immer die perfekte Präsentation, das Verkaufen ergab sich dann einfach auf Grund meiner Begeisterung. Beim Gestalten einer Auslage für den ersten CD-Player ist mir dann ein Licht aufgegangen.
Genau! Ich hab endlich gewusst, was ich will. Ich will gestalten! Und da kam von einem befreundeten Grafiker das Angebot, ab und zu bei ihm auszuhelfen. Daraus sind fünf Jahre spannendes Lernen geworden.
Ich hab endlich die ganze Zeit das getan, was mir Freude macht. Alles ist liebevoll in Handarbeit entstanden. Diese Sorgfalt – auch das umsichtige Planen der Gestaltung – war genau meins. Es war für mich wie im Schlaraffenland. Ich konnte mir einen Bereich nach dem anderen von der Pike auf erobern. Bühnen- und Ausstellungsgestaltung, Store- und Interiourdesign, Fotografie, Typografie, Zeitungsdesign.
Ich wollte vor allem mehr Verantwortung übernehmen und habe mich selbstständig gemacht. Erst ist es mäßig gelaufen, dann habe ich ein Direct-Mail zur IFABO verschickt und morgens um sieben hat das Telefon geklingelt. Erste kleine Aufträge kamen herein, bald auch große. Messestände für Siemens, Hewlett Packard, GD-Electronics und Geschäftseinrichtungen. Für die SCS habe ich vier Jahre lang alle PR-Events geplant und gestaltet, später auch für das Donauzentrum. 1994 habe ich dann schließlich einen Computer angeschafft und sehr bald immer mehr Logos, Broschüren, Inserate und Flyer entworfen, viele Veranstaltungen der Wiener Technoszene habe ich gestaltet.
Richtig, vom Erfolg verwöhnt habe ich alles stehen und liegen lassen, bin mit einer Idee nach Köln und habe dort „dna4“ gegründet. Die Idee war die Gestaltung von zehn Mega-Techno-Events gleichzeitig in zehn europäischen Städten, vernetzt via TV und Internet. Nach zwei Jahren Vorbereitung habe ich alle namhaften Veranstalter, Light- und Sounddesigner, Bookingagenturen und sonstige Leute aus der Branche gekannt. Ich wusste Bescheid über Sponsoring, konnte Businesspläne schreiben, mit Stadtverwaltungen verhandeln und habe europaweit Teams koordiniert. Und musste letzten Endes doch Konkurs anmelden weil das eigene Geld ausgegangen ist und ich zu wenig Erfahrung im Umgang mit Risikoinvestoren hatte. Außerdem war ich mit meinen Kräften am Ende.
Ich bin völlig ausgebrannt zurück nach Wien. Ohne aktuelle Kontakte, ohne Jobs und vor allem ohne noch an mich selbst zu glauben. Ich habe ein ganzes Jahr gebraucht, mich davon zu erholen, meine damalige Freundin hat mich gestützt und mir Mut gemacht. Rückblickend war mir klar, dass ich bei diesem Projekt am meisten über das Internet gelernt habe, da habe ich auch das größte Entwicklungspotential gespürt und so kam ein Angebot von DMC genau zum richtigen Zeitpunkt.
Mit anspruchsvollen Kunden, die ich betreut habe. ONE, Schenker, Mayr-Mellnhof, Allianz, Eskimo, Iglo und andere. DMC wollte mich fix anstellen, hat mir viel geboten, aber ich wollte wieder zurück in die Selbstständigkeit.
Dann habe ich Einvoll gemeinsam mit meiner Frau Judith gegründet. Mit einem einzigen Kunden in Deutschland, der mir immer treu geblieben war, habe ich begonnen, alles neu zu entwickeln. Ich habe meinen Schwerpunkt auf Corporate Design, Webdesign und Restrukturierung von Kommunikationsmaßnahmen in Unternehmen gelegt. Einvoll war anfangs als Agentur gedacht, Judith für Administration, ich fürs Kreative, wir hatten einen Grafiker angestellt und wollten wachsen. Dann hat sich unser Sohn angekündigt und ich habe alles umgestellt. Klein und fein, das Netzwerk optimieren und Projekte soweit als möglich auslagern. Vor 2008 hatte ich fast nur Kunden aus Deutschland, erst in den letzten Jahren hat sich langsam auch ein österreichischer Kundenstock entwickelt.
Einfach, dass ich alles, was ich kann und gelernt habe, ausleben kann. Das ist ja wie bei einem Musiker, wenn du ein Instrument lernst und immer besser spielst, wirst du nicht ewig den Flohwalzer anschlagen wollen. Und ich liebe Herausforderungen, hohe Ansprüche. Die Verknüpfung aller Kommunikationstechniken. Auf der einen Seite alle Entwicklungen im Internet, wie Social Media, Blogs, digitales Publishing, etc. Und am anderen Ende des Spektrums aber genauso das Unikat. Eine handgearbeitete Einladung für einen exklusiven Event. Ein liebevoll konzipiertes und ausgeführtes Direct-Mail. Haptik bekommt in einer zunehmend digitaler werdenden Welt einen ganz besonderen Stellenwert.
Mir ist klar, dass sich das nach Bauchladen anhört. Aber es entspricht halt dem Leben, dass sich Wissen und Fertigkeiten ansammeln. Ebenso übrigens wie Partnerschaften mit anderen Kreativen, die entstehen und wachsen ja auch mit der Zeit. Alleine arbeiten oder in einem Team, ganz groß konzipieren oder in eine Feinarbeit gehen, so stelle ich mir meine Freiheit als kreativer Unternehmer vor. Und ich glaube auch ganz fest an das Ein-Personen-Unternehmen.
Danke!